People: Robert Barr, jobs4refugees
Es gibt nur wenige Menschen, die in Berlins Social Business Szene eine so steile Entwicklung hingelegt haben wie Robert. Und wenige, die dabei so bescheiden geblieben sind wie er.
Ich kenne Robert noch aus meinem Bachelor-Studium. 2007 bis 2011 studierten wir gemeinsam „Philosophy & Economics“ in Bayreuth. Und ich erinnere mich, das er schon damals einer der aktivsten Studenten in unserem Studiengang war. Kein Wunder also, dass er drei Sprachen fließend spricht, vor Bayreuth bereits Kunst studierte, zwei Auslandsemester (Frankreich, Kanada) machte und anschließend „Global Politics“ an der LSE in London studierte. Achso, und nebenbei ist Robert Gründer von Jobs4refugees, eines der spannendsten Social Businesses der vergangenen Jahre.
Mit Robert war ich im Chutnify – Lest hier unsere Bewertung.
Das Ziel: So viele Jobs für Geflüchtete wie möglich
Wir sitzen an einem der letzten Berliner Spätsommertage vor dem indischen Restaurant Chutnify im Prenzlauer Berg und Robert erzählt, wie es zu dieser Gründungsidee kam: „Im Grunde fing alles mit einem ehrenamtlichen Engagement an. 2015, als viele Geflüchtete nach Deutschland kamen, gab ich Deutschunterricht in einem Flüchtlingsheim in Berlin.“ Schnell erkannte er, dass das Thema „Arbeit“ eines der drängendsten in der kommenden Zeit für diese Menschen werden würde. Am Anfang stand ein einmonatiges Pilotprojekt in München zusammen mit Netlight, einer IT-Beratung. Das Ziel: So viele geflüchtete Menschen wie möglich einen Job zu vermitteln.
„In diesem Monat haben wir für über sechzig Geflüchtete Anträge auf Arbeitserlaubnis bei den Behörden eingereicht,“ erzählt Robert, während wir unser Essen aus diesen klassisch-indischen Blechtellern essen, die das Essen sauber portionieren und immer ein bisschen nach Großküche aussehen. Weil die Idee so gut ankam, beschloss Robert nach dem Pilot-Monat weiterzumachen: Abends nach der Arbeit und am Wochenende.
Er war gerade in seinen neuen Job im Campaigning bei einer Umweltorganisation gestartet. „Die Aufgaben im Job waren super und das Team wahnsinnig cool.“ Gleichzeitig war er beseelt von der Idee, den Menschen, die neu nach Deutschland kamen nicht nur Deutschunterricht und Integrationskurse, sondern auch einen Einstieg auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Und so stand die Frage im Raum:„Mache ich mich mit dieser Idee selbstständig?“
Entscheidung am letzten Tag der Probezeit
„Ich habe sehr lange gehadert: Aus Pflichtgefühl, weil ich die Arbeit im Umweltbereich sehr wichtig finde, aber auch weil die Gründung natürlich extrem risikoreich war. Ich habe einen sicheren Job, der mir Spaß macht, aufgegeben.“ Bis zu seinem letzten Tag der Probezeit ließ sich Robert Zeit mit seiner Entscheidung. Dann stand fest: Er wird Jobs4refugees hauptberuflich weitermachen. Und hat es sich gelohnt? „Auf jeden Fall! Die Kontakte, die Erfahrungen und die Lernkurve der vergangenen eineinhalb Jahre, hätte ich in keinem anderen Job bekommen.“
Die ersten Blätter des Herbstes fallen auf unseren Tisch, in einer dieser breiten Straßen, die es nur im Prenzlauer-Berg gibt. Selbstverständlich, so erzählt Robert weiter, war die Gründung und die Zeit danach alles andere als ein Selbstläufer.
Aus verschiedenen Gründen stand ein Umzug von München nach Berlin an. „Hier musste ich lernen, dass wir die Erfolge aus München nicht einfach nach Berlin übertragen können. Der Arbeitsmarkt im Süden ist viel stärker und machte es uns dadurch einfacher. Auf der anderen Seite hat Berlin andere Vorteile: Du bist nah am politischen Betrieb und in der Social Business Szene passiert extrem viel.“
Vom Regaleinräumer bis zum Ingenieur: Mehr als 100 Menschen vermittelt
Wie bei einem klassischen Start Up musste in der Anfangsphase von Jobs4refugees erst einmal investiert werden: Ein Finanzierungsmix aus Fördergeldern und Unternehmensspenden half beim Aufbau der Strukturen. „Viele Leute unterschätzen, dass auch Corporate Citizenship und die Zusammenarbeit mit Unternehmen Arbeit ist. Man muss erstmal einen Fuß in die Tür bekommen und – gute Kontakte sind hier das A und O,“ beschreibt Robert seine Learnings der vergangenen Jahre. „Bei Stiftungen ist das etwas anders: Die sind ja dafür gegründet worden, Gelder zu vergeben. Hier ist oftmals die Sachbearbeiterebene die richtige, um sich für Fördermittel zu bewerben.“ Allerdings müsse man sich bei Stiftungen oftmals in ein Korsett pressen, was Organisationen weniger flexibel mache als bei Untenehmenskooperationen.
Inzwischen hat jobs4refugees über 100 Menschen in einen Job vermittelt – vom Regaleinräumer bis zum Ingenieur. Angesprochen auf die nächsten Schritte kommt Robert ein Lächeln: „Es bleibt weiter spannend.“ Aktuell sucht man Unterstützung für den gerade neu eröffneten Frankfurter Standort. Außerdem arbeitet das Team an nachhaltigen, neuen Business Modellen: „Wir haben gerade in die Anerkennung als AZAV-Träger investiert. So können wir auch Unterstützung von behördlicher Seite beziehen.“ Irgendwie ein ganz bescheidener Ansatz für ein so erfolgreiches Social Business – wie sein Gründer eben.
Ein Interview mit Robert könnt Ihr auch hier sehen.
Mit Robert war ich im Chutnify – Lest hier unsere Bewertung.
Comments